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ʿAbd al-Qādir machte bereits in jungen Jahren als Befehlshaber im Kampf gegen die französische Besetzung Algeriens in den 1830er und 1840er Jahren und als Oberhaupt eines Staatswesens im heutigen Westalgerien auf sich aufmerksam. Am Ende unterlagen seine Truppen den hoch überlegenen französischen Streitkräften und ʿAbd al-Qādir wurde 1847 trotz der Zusicherung freien Geleits in ein selbstgewähltes Exil in Frankreich interniert. Erst 1852 unter Louis Napoléon kam ʿAbd al-Qādir frei und begab sich ins Osmanische Reich - zunächst nach Bursa und bald nach Damaskus. In Damaskus erlangte er rasch hohes Ansehen und grossen Einfluss, wobei er von französischen und osmanischen Pensionszahlungen profitierte. Breite internationale Anerkennung erfuhr er in der Folge seiner Rettung Tausender Christen während eines Massakers in Damaskus 1860.
Das Forschungsprojekt hat zum Ziel, durch eine Untersuchung von Schlüsselmomenten in ʿAbd al-Qādirs Leben neue Erkenntnisse über grenzüberschreitende Verflechtungen im Mittelmeerraum und die Anfänge des Kolonialismus in der Region zu liefern. Im Vordergrund steht die Frage, wie ein militärisch besiegter und exilierter algerischer Notabler in einer Zeit europäischer kolonialer Expansion und tiefgreifender sozialer Transformationen trotz biographischer Brüche zu einer in der gesamten arabischen Welt einflussreichen und international geachteten Persönlichkeit aufsteigen konnte. ʿAbd al-Qādir wechselhaftes und mobiles Leben dient dabei als Rahmen, innerhalb dessen sich die Dynamiken gesellschaftlicher Veränderungen und die Rekonfiguration von Machtverhältnissen in der Zeit des Kolonialismus brechen und damit in ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit greifbar werden.